Review zu den Walpurgis-Metal-Days II

Die Walpurgis-Metal-Days fanden 2002 Jahr zum zweiten Mal auf dem Festplatz in Hauzenberg (Nähe Passau) statt – zwei Tage lang wurde in einem Bierzelt Metal bis zum Abwinken gefeiert – und das zum absoluten Hammerpreis von 13 Euro.

Am Freitag, 26. April 2002 spielten „Deathless“ aus Regensburg als Festivalopener – die oberpfälzischen Death-Metaler zogen – obwohl sie als erste Gruppe auftraten schon ungewöhnlich viele Besucher vor die Bühne. Vor allem der absolut perfekt gecoverte Cannibal-Corpse-Klassiker „Hammersmashed Face“ brachte den vier jungen Burschen schon am frühen Abend einen fetten Moshpit und Sympathien ein.

Als nächste spielte die Death-Grind-Combo „Murder Persons“ aus der tschechischen Republik. Schon beim Soundcheck zog es viele Besucher, die vor dem Zelt standen wieder hinein, um zu gucken, wer denn da so eine krasse Röhre habe – und es waren nicht wenige die überrascht/verblüfft/erschrocken darüber waren, eine Dame am Mikro zu sehen. Die drei Tschechen um Sängerin Jana überzeugten das Publikum aber nicht nur aufgrund der aussergewöhnlichen Besetzung, sondern auch wegen technischer Versiertheit, tiefen Growls und perfekt eingesetztem Drum-Computer – eindeutig DIE Überraschung des Festivals und heisseste Anwärter auf einen weiteren Gig im nächsten Jahr.

Da zwei Wochen vor den Walpurgis-Metal-Days II „Olemus“ aus Österreich wegen fehlendem Schlagzeuger absagen mussten, sprangen „Human Bloodfeast“ aus Teublitz bei Regensburg ein. Die fünf blutverschmierten (Dismember???) Death Metal – Freaks zeigten eben solchen von erster Güter – Einflüsse von Sinister, Cannibal Corpse oder Dying Fetus waren zu erkennen, so haben Human Bloodfeast mit ihren schnellen aber dennoch groovigen Songs und ihrer „anderen“ Bühnenshow die von Jana entfachte Stimmung im Publikum ohne Probleme halten können.

„Atargatis“ aus Regensburg sorgten dann für die erste große Abwechslung im bisher bein- und knüppelharten Programm. Die Gruppe um Frontfrau Steffi hat sich den etwas ruhigeren gotischen Klängen verschrieben, und verschaffte somit dem, durch drei Brutalo-Bands gebeutelten Publikum eine kleine Verschnaufpause. So wurde auch mal zugehört und nicht nur gemosht. Nach einem großen Line-Up-Wechsel um die Jahreswende zeigte sich Atargatis trotz allem souverän und professionell.

Die „Psycho-Grindcore´ler“ von „Sucking Leech“ aus Gangkofen enterten im folgenden die Bühne. Die mit ihren Masken an Slipknot erinnernden fünf Sickos zogen gleich beim Eröffnungssong das komplette Zelt in ihren Bann – fünf Ordner mussten die Absperrgitter halten um die komplett ausrastende Menge von der Bühne und der PA abzuhalten. Moshen, „Gitter“-Diven, Crowdsurfing – das Publikum ging ab wie Sau, und das wirkte sich offensichtlich auch auf die Suckies, insbesondere Frontbolzen Steff aus. Die Show auf der Stage war hervorragend, und die Stimmung auf und vor der Bühne gigantisch – besser geht’s nicht, oder?

Diejenigen, die schon vermutet hatten, „Fleshless“ aus der tschechischen Republik könnten die Stimmung von Sucking Leech nicht halten, der kennt Vladimir und seine drei Mitstreiter nicht – es folgten eine Granate von 3-sekündigen bis 4-minütigen Grindcore-Krachern typischer Ostblock-Marke begleitet von einem überdurchschnittlich schnellen und technischen Schlagzeuger (O-Ton einiger Drummer neben der Bühne: „Wie viel Füsse hat denn der?“) und Vladimirs unverkennbarem Gegrunze und Bühnenagilität. Die Stimmung vor der Bühne konnte gehalten werden – das „Crowd“-Surfing und die „Gitter“-Diver fehlten hier zwar, der Moshpit war aber um einiges größer und brutaler als bei der Vorgängerband. Nach einer Stunde Spielshow und drei Zugaben verließen Fleshless sichtlich zufrieden die Bühne.

Nach der letzten Band am Freitag wurde noch bis in die frühen Morgenstunden in und ums Zelt herum gefeiert.

Fazit für Freitag: 350 zufriedene und ausgepowerte Leute im Publikum, 6 zufriedene Bands, 2 Krankenwageneinsätze, 1 Purzelbaumwettbewerb.

 

Der Samstag wurde traditionsgemäß mit einem urbayerischen Weisswurschtfrühschoppen eingeleitet – Punkt zehn standen rund 100 Leute im Zelt Schlange, um sich bei Bier, Brezen, Weisswurscht und Entombed die Vormittags-Kante zu geben.

Am frühen Nachmittag, sprich um ca. 14 Uhr begannen die Osterhofener „Sally Hardesty“ mit dem Programm. Die eigentlich schwere Aufgabe des Openers zu so früher Stunde entpuppte sich als gar nicht so undankbar – die Jungs konnten mit ihrem „Rot-Haut-Black-Metal“ (???) schon zu dieser Zeit das Ohr vieler Zuschauer finden.

Weiter gings dann mit „Antropophagia“ aus Freyung – eine junge Combo bestehend aus 4 Burschen im Alter zwischen 17 und 19, die uns nachmittags ein solches Death-Metal-Brett hinknallten, dass sich das Zelt langsam aber beständig während ihrer Show anfing zu füllen. Nicht nur der unheimliche Druck den Jungspunde von der Bühne runterschoben, auch die offensichtliche technische Kenntnis erstaunte nicht wenige „Ältere“ Death-Metaler (Hörer, Musiker (und Mischer)) gleichermaßen. Nach einem Gig voller Songs, die auch im Writing nichts zu wünschen übrig ließen, inklusive einem genialen Sepultura-Cover, gingen „Antropophagia“ von der Bühne und hinterließen ein Publikum, das sich sicher war, dass man von der Band bestimmt noch mal was hören wird...

„Dehydrated“, die Lokalmatadoren folgten. Mit ihrem Brutalo-Grindcore konnten sie ohne Probleme mit dem von Antropophagia vorgelegten Niveau mithalten. Vor allem durch harte Riffs, einem extrem schnellen und technischen Drummer (fast in Fleshless-Dimension) und tiefen und eigen klingenden Growls meisterten die vier ihren ersten Auftritt überhaupt mit Bravour, was auch in der Reaktion des Publikums zu erkennen war. Songs wie „Social cripples“ oder „Mugwumps“ ließen nicht nur die Köpfe vor der Bühne kreisen, sondern bewiesen auch, dass „Dehydrated“ ihren eigenen Weg gehen und ihren eigenen kranken Sound kreieren, ohne zu viel von anderen Grindcore-gruppen abzukupfern.

„Dicksaw“, selbsternannte Porno-Grindler aus Pilsting waren dann an der Reihe. O.K., was soll ich hier schreiben??? Ich werde NICHT auf irgendwelche musikalischen Qualitäten eingehen, sondern einfach kurz erzählen, wie die Jungs auf die Bühne kamen: Der Schlagzeuger ganz normal, nicht aussergewöhnlich. Der Bassist eigentlich auch normal, nur halt mit Schlumpfmütze. Der Gitarrist – oben ohnen, hinten ein blaues Sparkassenzeichen und vorne einen blauen Strich – unten rum einen ledernen Lendenschurz. Der Sänger bekleidet mit Übergrößenwindel (extra aus Altenheim geholt), welche mit Isolierband am Bauch festgemacht wurde, und einem Kinderfasching-Batman-Köstüm. Das Publikum, das sich auch von den etwas unkonventionellen Ansagen erheitern ließ, war eine Mischung aus begeistert, iritiert und erschrocken – und das und nichts anderes wollten „Dicksaw“ erreichen!!! Ihnen haben viele Leute zugeschaut, teilweise wurde auch mitgemosht (wenn man die Augen mal von Frontman Markus´ Windel ablassen konnte.....) und Songtitel wie „Klitorialterror“ oder „My Dick rules me!“ wurden mit lautem Grölen begleitet.

Die darauffolgende Death-Metal-Combo „Cremation“ hatten einen etwas schweren Stand im Billing – zwischen den beiden Spaß- und Showbands Dicksaw und UGF auftreten ist wahrlich nicht der beste Setlistplatz. Obwohl die vier Pfarrkirchener guten amerikanischen Death-Metal in´s Zelt knüppelten, konnten sie natürlich vom Showeffekt und der Originalität der Vor- und Nachband nicht mithalten. Deswegen war das Publikum eher spärlich anwesend. Nichts desto trotz – der Bühnensound soll genial gewesen sein, und beim nächsten Mal wird’s bestimmt besser.

Bei „U.G.F.“ (Underground Groove Front), den Hardcore-Metal-Mischlingen aus Passau war das Zelt wieder voller. Die vier verplanten Spaßmusiker zogen wieder ihre unverkennbare aber immer wieder andere Show ab – mit Häschenpantoffeln, Leggins oder Anzug mit Jägermeisterkrawatte, oder Wurstsemmeln ins Publikum schmeissen. Auch ihre Coverversion von Prince´s „Kiss“ sorgte für breites Grinsen im Publikum. Aber – um die Band nicht vollends als planlose Spaßgruppe darzustellen – Songs wie „I don´t care“ überzeugten durch ihre genialen Six-feet-under-artigen groovigen Riffs, genauem Zusammenwirken zwischen Bass und Schlagzeug und Armins unverkennbarem „Gesang“. Musiker die sich selbst nicht ernst nehmen, bei solchen Songs die Musik aber schon.

„Mortus“ aus Linz (Österreich) waren nun an der Reihe. Die Melodic-Deather brachten ebenfalls wieder etwas Ruhe ins Publikum, das sich seine Kräfte für die drei letzten Gruppen sparen wollte. Obwohl nicht so viel Leute vor der Bühne standen wie etwa bei „U.G.F.“ zuvor, sondern die Gruppe mehr aus Bar- und Mischerhöhe betrachtet wurde, waren „Mortus“ eine der Gruppen, nach der am meisten vom Publikum aus gefragt wurde

„Festering Saliva“ aus Markt Schwaben bei München zog dann so viele Leute vor die Bühne, dass wieder einige Ordner die Gitter halten mussten – die vier Death Metaler, die vor allem durch Sänger Rolands gigantische Stimme inklusive Geräuschevielfalt auffallen, sind vielen Besuchern schon durch unzählige Auftritte im landesweiten Underground ein Begriff gewesen, und deshalb wusste man was einen erwartet. Die „Festering-Buam“ bretterten kompromisslos ihren Sound runter, brachten die Menge zum kochen, und verabschiedeten sich nach, für viele extra wegen dieser Band angereiste Fans viel zu früh, nach zwei Zugaben (wer hört nicht immer wieder gern den Grunz-Kontest zwischen Roland und Suckies-Steff und die obligatorischen Festering-Rausschmeisser-Version von „Hey Hey Vickie“).

Danach enterten „Soul Demise“ die Bühne, bei denen ebenfalls wieder Ordner ans Gitter mussten.... Nach den beiden Touren der Band mit Immolation und Napalm Death (Februar 2002) erkennt man immer mehr die Professionalität der Band zum einen in der Bühnenpräsenz – zu Sänger Romans unglaublicher Agilität und wahnsinniger Frontpräsenz (Roman nutzte den Bühnenraum sogar da aus, wo eigentlich gar keine Bühne mehr war...) fügte sich noch die Show von Gitarrist und Bassist: gleich beim ersten Song vorne an die Bühne und Ventilator an. Das machte Eindruck aufs Publikum, und heizte dem mittlerweile absolut vollen Bereich vor der Bühne unglaublich ein. Zum anderen und vor allem der „Soul Demise“-Sound überzeugte dann schlussendlich alle Anwesenden: „Soul Demise“ machen keinen Schweden-Death mehr, sondern saugeilen Neumarkt-in-der-Oberpfalz-Death, oder?

Der absolute Höhepunkt des Festivals stand aber noch bevor: „Tankard“. Die extra aus Frankfurt am Main angereisten „Kings of beer“ standen nach üppigem Alkoholgenuss wohl schon etwas wackelig aber keineswegs minder profesionell oder souverän auf der Bühne. Das Publikum kochte (16 Ordner an den Gittern!!!), gröhlte mit, war schlichtweg begeistert. Das lag wohl auch an den kleinen ungewollten Show-Einlagen Tankards, wie von der Bühne kotzen, mal ein paar Sekunden ohne Hose rumlaufen etc. etc. Um näher ans Publikum zu kommen ließ sich Gitarrist Andy einmal von einem Ordner im Bühnengraben auf einem Rollencontainer vor den Leuten auf- und abfahren, Gerre verließ den Bühnenbereich ganz und sang beim Mischer weiter. Die Leute hatten allesamt wahnsinnig Spaß, füllten das Zelt mit Chören zu „Space Beer“ und „Freibier für alle“ und gingen nach der dritten Zugabe „Sternenhimmel“ ausgepowert und einen genialen Abend im Hinterkopf nach Hause.

Fazit für Samstag: 550 physisch kaputte Leute, 90 verkaufte Weisswürschte,10 zufriedene Bands, 4 betrunkene Einlassordner, 1 Krankenwageneinsatz, 0 Zweifel am Stattfinden der WMD III !!!

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